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Emotionen und Schmerz

Spätestens beim ersten, heftigen Liebeskummer merken wir, wie eng Körper und Psyche miteinander verbunden sind. Die andere Person hat einem buchstäblich «das Herz gebrochen». Auch in unserer Sprache zeigt sich der Zusammenhang zwischen Körper und Geist. Man hat einen Frosch im Hals, Schmetterlinge im Bauch, etwas hängt einem zu den Ohren heraus, Menschen liegen einem am Herzen und es kann sein, dass man wegen kalten Füssen die eigene Hochzeit absagt.

Emotionen und Schmerzen sind eng miteinander verknüpft. Einerseits können Schmerzen durch verdrängte Emotionen ausgelöst werden. Andererseits sind bei Schmerzen negative Emotionen oft nicht weit weg.

körperlich oder emotional? Egal!

Mehrere Studien zeigen ganz eindeutig den Zusammenhang zwischen Emotionen und Schmerz: Von verschiedenen Menschen wurde ein MRI ihres Gehirns gemacht, während sie durch ein erschütterndes, emotionales Erlebnis gingen. Das MRI zeigte, dass dabei die gleichen Areale aktiviert wurden, wie bei einer körperlichen Verletzung. Was sagt uns das? Etwas Entscheidendes: Das Gehirn unterscheidet nicht zwischen seelischen und körperlichen Schmerzen!

Emotionen als Schmerzursache

Bei verschiedenen Emotionen werden unterschiedliche Hormone im Gehirn ausgeschüttet. Für chronische Schmerzen sind Gefühle ein entscheidender Faktor. Lernen wir in der Kindheit, dass wir bestimmte Emotionen unterdrücken sollen – in unserer Gesellschaft häufig Wut oder Trauer – werden bestimmte Nervenbahnen im Gehirn angelegt. 

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Das macht anfälliger für Schmerz, weil im Hirn ungünstige Strassen verlegt wurden. Den gleichen Effekt können Missbrauch, Verlust oder Vernachlässigung haben. Lies hier mehr über die Verbindung von Trauma und Schmerz. Ein weiterer Verstärker oder sogar Auslöser für körperlicher Schmerz können verdrängte oder unterdrückte Gefühle sein. 

Schmerzen und negative Gefühle:
Willkommen in der Schmerzspirale!

Tauchen Schmerzen auf, sind negative Gefühle nicht weit entfernt. Die Angst fragt panisch: Wie lange wird es wohl dieses Mal dauern? Wie schlimm wird es noch? Die Wut schreit: Warum eigentlich immer ich?! Das ist so unfair!! Die Scham lässt den Kopf hängen und flüstert traurig: Schon wieder falle ich allen zur Last. Dass solche Gefühle und Gedanken auftauchen ist vollkommen natürlich. Nur: Sie lassen den Schmerz stärker werden. Dann tauchen noch mehr Ängste und negative Gedanken auf, der Schmerz wird noch schlimmer. Schon sind wir gefangen in einer Negativspirale aus immer stärker werdenden Schmerzen, Angst und negativen Gedanken.

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Doch wie kommst du dort wieder raus?

Am wichtigsten ist es, aus der Angstspirale auszubrechen, da Angst Schmerzen richtiggehend befeuert. Angst führt dazu, dass sich alles unsicher, gefährlich und unberechenbar anfühlt:

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Das Ziel ist ein Gefühl von Sicherheit und innerer Ruhe. Du musst erleben, dass du es selbst in der Hand hast, die Schmerzspirale zu stoppen. Doch wie? Stelle nicht den Schmerz in den Mittelpunkt, sondern dich selbst. Wende dich bewusst vom Schmerz ab. Suche dir Dinge im Leben, die dir wichtig sind. Stelle die Weichen entsprechend ein und stecke dir kleine Etappenziele.

 

Stelle dir folgende Fragen:

  • Wie kann ich mein Leben trotz Schmerzen geniessen?

  • Was ist mir wichtig in meinem Leben?

  • Was will ich?

  • Was macht mich aus?

  • Wie will ich leben?

Oft kann es helfen, zu wissen, dass die Schmerzen nicht gefährlich sind. Hier kann auch ein Arzt oder eine Ärztin Sicherheit vermitteln.

Im Buch «Stärker als der Schmerz» von Josef Giger-Bütler drückt es eine Patientin so aus:

«Ich weiss jetzt, wo ich stehe und wie es weitergeht. Ich weiss, dass ich keine Angst zu haben brauche. Ich bin wieder frei für die anderen Themen des Lebens. Vorher machten die Gedanken um die Schmerzen einen Grossteil meines Lebens aus. Jetzt kann ich loslassen. Physisch ist der Schmerz noch da, psychisch kann ich ihn loslassen, mich abwenden, mich von ihm entfernen und mich anderem zuwenden. Ich werde gelassener und ruhiger.» 

Josef Giger-Bütler: Stärker als der Schmerz, Ostfildern: Patmos Verlag, 2021.

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