top of page
Wissen_edited.jpg

Hindernisse

Glaube nicht alles, was du siehst.

Zucker und Salz sehen auch gleich aus.

Stechende Schmerzen schiessen durch meine Handgelenke und Unterarme.
Sch***, nicht auch das noch! Seit einem halben Jahr war ich durch die Nervenschmerzen in den Füssen und die Rückenschmerzen stark eingeschränkt. Als nun auch noch meine Unterarme bei jeder Bewegung feuerten, war ich davon überzeugt, mir eine beidseitige Sehnenscheidenentzündung eingefangen zu haben. Logisch, denn durch die körperlichen Einschränkungen machte ich noch mehr mit den Händen als zuvor. Ich wollte auf jeden Fall verhindern, dass die Entzündung chronisch wurde und tat alles dafür: Voltaren, Quarkumschläge, entzündungshemmende Schmerzmittel, schonen,... doch nichts half. Im Gegenteil, die Schmerzen wurden so schlimm, dass ich nicht mehr arbeiten oder schlafen konnte.

 

Wie konnte das passieren? Durch meine vorangegangenen Erfahrungen hatte ich grosse Angst davor, dass die Schmerzen schlimm werden würden. Meine ganze Konzentration und Sorge war auf meine Handgelenke gerichtet. Ich wollte auf keinen Fall, dass sich die Schmerzen so entwickeln, wie am Rest meines Körpers und habe damit genau das Gegenteil bewirkt. Denn wie du inzwischen weisst: Angst + Aufmerksamkeit =  Willkommen im Teufelskreislauf des Schmerzes! Damals wusste ich noch nichts von neuroplastischen Schmerzen. Und hätte mir jemand gesagt, dass der grösste Teil der Schmerzen durch mein Gehirn ausgelöst wird, hätte ich demjenigen wohl eine geklatscht!

Unser Gehirn ist nicht dafür ausgelegt, an neuroplastische Schmerzen zu glauben. Es geht immer von einer körperlichen Ursache aus. Dafür gibt es drei Gründe:

1. Unsere Biologie

Wie das Beispiel von Joe Cameron zeigt, ist ein Leben ohne Schmerzen ziemlich gefährlich. Wir haben überlebt, dank unserer Fähigkeit Schmerzen wahrzunehmen. Millionen von Jahren der Evolution haben dazu geführt, dass wir körperliche Schmerzen mit einer körperlichen Verletzung in Verbindung bringen. Sich davon zu lösen, und glauben zu können, dass Schmerz nur im Gehirn entstehen kann, ist gegen unsere Evolution. Viele die mit PRT arbeiten, können rational nachvollziehen, was im Gehirn passiert, und doch sagt ihnen ihr Gefühl, dass da etwas in ihrem Körper sein muss. Im Fall von neuroplastischen Schmerzen kann uns dieses Gefühl davon abhalten, wirklich gesund zu werden. Wir müssen gegen unseren Instinkt handeln und dem Gehirn klarmachen, dass hier ein Missverständnis vorliegt: «Meinem Körper geht es gut. Er ist stark und belastbar. Was ich fühle, sind nur Empfindungen und Wahrnehmungen meines Körpers. Ich bin in Sicherheit. Was ich spüre, ist nur ein Fehlalarm.»

2. Konditionierung

Hä? Kontiki- Was?
Vielleicht erinnerst du dich an Pawlow’s Hunde. Pawlow beobachtete, dass Hunde vermehrt speicheln, wenn sie Futter riechen oder sehen. Er machte deshalb ein Experiment: Bevor er seine Hunde fütterte, läutete er mit einer Glocke. Nach einiger Zeit, konnte er die Glocke läuten und die Hunde fingen an zu speicheln. Sie hatten den Reiz „Glocke“ mit Futter verbunden, sodass nur schon den Klang der Glocke ausreichte, um eine körperliche Reaktion hervorzurufen.

Das kann bei uns Menschen auch passieren. Stell dir vor, du findest irgendwo eine leckere, rote Beere. Du isst die Beere und eine Stunde später bekommst du Magenschmerzen und musst erbrechen. In Zukunft genügt nur schon der Gedanke an diese Beere und dir wird übel. Es kann aber auch sein, dass du dir eine Magen-Darm-Grippe aufgelesen hast, die dein Gehirn fälschlicherweise Beere in Verbindung gebracht hat.

Bei Schmerzen kann es passieren, dass nur schon der Gedanke an eine Bewegung schmerzt oder das dein Gehirn unterbewusst bestimmte Bewegungen oder Körperpositionen mit Schmerz in Verbindung bringt. Bei mir hat zum Beispiel nur schon der Gedanke daran, einen Stift in der Hand zu halten gereicht, um die Schmerzen in meinem Handgelenk und meinem Unterarm zu verstärken. Auch sitzen wurde bei mir irgendwann mit Schmerzen verbunden. Je länger ich auf einem Stuhl sitzen musste, desto schlimmer wurden die Schmerzen.

Woher ich weiss, dass diese Schmerzen konditioniert waren? Ich kann nun Schreiben oder Zeichnen solange ich möchte und an guten Tagen bereitet mir Sitzen keine Mühe.

Solche konditionierten Schmerzen machen es schwierig, zu glauben, dass sie tatsächlich vom Gehirn ausgelöst werden. Aber bei neuropathischen Schmerzen sind es nicht die Bewegungen oder Körperpositionen, die Schmerzen auslösen, sondern die Assoziationen die das Gehirn dazu hat. Und die kann es zum Glück auch wieder verlernen.

3. Diagnose

Die moderne Medizin sucht bei jedem körperlichen Problem die körperliche Ursache. Was bei Knochenbrüchen, Verstauchungen oder sonstigen Verletzungen hervorragend funktioniert, greift zu kurz bei neuroplastischen Schmerzen. Viele Menschen mit chronischen Schmerzen haben eine Diagnose: degenerative Bandscheibe, Fibromyalgie, Tinnitus, Karpaltunnelsyndrom, Arthritis,… Die Diagnose wirkt erst einmal beruhigend, da es beängstigend ist, Schmerzen zu haben, aber nicht zu wissen, was los ist.

Doch eine Diagnose bewirkt auch, dass wir weiter am Glauben festhalten, dass es eine körperliche Ursache gibt. Allerdings sind die meisten chronischen Schmerzen neuroplastisch.

Ausnahmen suchen

Unsere Biologie, konditionierte Reaktionen und die Grundeinstellung der Medizin «Schmerz = körperliche Ursache» stehen zwischen dir und dem Weg nach draussen. Wie kannst du dein Gehirn und damit dich selbst davon überzeugen, dass deine Schmerzen neuroplastisch sind?

Werde zu deinem Staatsanwalt, deiner Staatsanwältin und lege dir eine Beweisakte an. Suche Beweise dafür, dass deine Schmerzen neuroplastisch sein könnten. Dabei hilft die Checkliste für neuroplastische Schmerzen.

Hindernisse.jpg

Aus Erfahrung und im Austausch mit anderen mit ähnlichen Schmerzen weiss ich, dass es mega schwierig ist, wirklich zu glauben, dass man neuroplastischen Schmerzen hat. Irgendwie schwingt da doch immer noch das Gefühl mit, dass es ein körperliches Problem geben muss. Es kann auch sein, dass es eine Mischung aus körperlichen und neuroplastischen Schmerzen ist. Doch auch dann, lohnt es sich auf jeden Fall, mit den Techniken zu arbeiten. Denn nur wenn du mit den Werkzeugen der Pain Reprocessing Therapy arbeitest, merkst du, ob deine Schmerzen neuroplastisch sind oder nicht. Sobald sich erste Erfolge einstellen, kannst du diese in deiner Beweisakte festhalten.

Bei manchen geht die Heilung sehr schnell, bei anderen dauert sie länger. Ich persönlich arbeite seit eineinhalb Jahren mit den Werkzeugen der PRT und habe noch 10-20 Prozent der ursprünglichen Schmerzen 😊! Rückschläge gehören dazu und manchmal habe ich das Gefühl wieder bei Null zu beginnen. Das stimmt aber nicht. Langsam geht es aufwärts.

Deshalb rate ich dir auch, in langen Zeiträumen zu denken. PRT ist keine Wunderpille, die man einschmeisst und SCHWUBS! du bist geheilt. Leider nein. Es braucht viel Arbeit und Ausdauer. Vergleiche deine Schmerzen nicht mit denen vor einer Woche, sondern mit denen vor einem Monat oder vor einem halben Jahr. Dann siehst du die Fortschritte, die du gemacht hast. Auch wenn der Prozess seine Zeit braucht, glaub mir, es lohnt sich!

So, und und nun schauen wir an, was es genau mit dieser PRT auf sich hat...

bottom of page