Die Rolle des Gehirns
Das Gehirn spielt bei der Entstehung von Schmerzen eine entscheidende Rolle. Es bestimmt, wie stark wir Schmerzen wahrnehmen. Hier erfährst du, warum du Autobahnen im Gehirn hast, warum es wichtig ist, dass dein Gehirn neuroplastisch ist und welche Rolle Bodyguard, Limbisch, Thali, Amy und Neo dabei spielen…
Verkehrschaos
Im Gehirn gibt es Milliarden von Nervenzellen, die miteinander verknüpft sind. Du kannst dir das Ganze als ein dichtes Netz aus Strassen vorstellen: Es gibt Autobahnen, Haupt- und Nebenstrassen, aber auch Pfade, die so selten begangen werden, dass sie durch dichten Dschungel führen.
Handlungen, die du oft tust, werden zu Autobahnen. Du musst nicht mehr überlegen, wie Zähneputzen, Autofahren, Tastaturschreiben oder lesen funktioniert. Du hast die Abläufe unzählige Male geübt und alles läuft automatisch ab. Wie Bewegungen oder Abläufe kann das Gehirn auch das Fühlen von Schmerzen lernen. Durch Wiederholung kann sich im Hirn ein Schmerzgedächtnis bilden. Dann löst schon ein kleiner Reiz Schmerzen aus. Zum Glück ist das Gehirn neuroplastisch. Das heisst, du kannst Dinge auch wieder verlernen oder zumindest durch neues Verhalten ersetzen 😊.
Meet the crew
Im Gehirn gibt es verschiedene Teile, die unterschiedliche Aufgaben haben. Alle sind auf ihre Art an der Schmerzwahrnehmung beteiligt. Im Grossen und Ganzen besteht das Gehirn aus drei Bereichen: dem Reptiliengehirn, dem Säugetiergehirn dem Neocortex.
Bei Schmerzen spielen zudem die Amygdala und der Thalamus im Säugetiergehirn eine Rolle. Damit du dir die Teile besser vorstellen kannst - Meet the crew:
Das Reptiliengehirn: Hello Bodyguard!
Das Reptiliengehirn (Hirnstamm) liegt zwischen dem Rückenmark und dem Rest des Gehirns. Es ist der älteste Teil des Gehirns. Das Reptiliengehirn regelt unsere Atmung, unseren Kreislauf und die Verdauung. Und das ohne, dass wir je einen Gedanken daran verschwenden müssten.
Allerdings würde das Reptiliengehirn darauf auch nicht reagieren. Es reagiert nur auf Emotionen und Signale von Körper. Zum Beispiel, wenn wir aufgeregt sind und sich deshalb die Atmung beschleunigt. Wenn es gefährlich wird, sorgt das Reptiliengehirn wie ein Bodyguard für unser Überleben. Blitzschnell entscheidet es, was zu tun ist: wegrennen, verstecken oder angreifen. Mit diesen Strategien sorgt Bodyguard schon seit Urzeiten für unser Überleben.
Das Säugetiergehirn: Meet Limbisch!
Zwischen dem Reptiliengehirn und der Kommandozentrale liegt das Säugetiergehirn (Zwischenhirn). Ein wichtiger Teil davon bildet das limibische System – oder in persona: Limbisch.
Limbisch ist für Gefühle, Triebe und die Hormonregulation zuständig. Gemeinsam mit Bodyguard steuert Limbisch das vegetative Nervensystem. Dieses ist für alle Körperfunktionen zuständig, die unbewusst ablaufen. Unter anderem steuert das vegetative Nervensystem die Atmung, die Verdauung, den Kreislauf, den Schlaf-Wach-Rhythmus und den Hormonhaushalt.
Limbisch ist gesellig. Das hat seinen Ursprung in unserer Geschichte. Säugetiere sind in einer Gruppe sicherer. Deshalb fühlt sich Limbisch bei genug zwischenmenschlicher Nähe und Geborgenheit wohl und entspannt. Ist Limbisch entspannt, ist es auch der Bodyguard. Der Herzschlag ist ruhig, die Atmung entspannt und die Verdauung funktioniert hervorragend. Hat Limbisch jedoch Angst oder ist gestresst, wird der Bodyguard aktiv. Gemeinsam aktivieren sie den Hormonhaushalt und schütten Stresshormone aus. Das Gehirn wird weniger durchblutet, um genug Energie in den Muskeln zu haben, um entweder zu fliehen, zu kämpfen oder sich zu verstecken – unsere drei Überlebensstrategien.
Limbisch spielt bei Schmerzen oft eine grosse Rolle. Emotionen sind fest verwoben mit Schmerzen. Ein bewusster Umgang mit seinen Emotionen ist deshalb im Umgang mit Schmerzen sehr hilfreich. Hier kannst du mehr über den Zusammenhang von Emotionen und Schmerz lesen und hier findest du Tipps und Tricks, die dir helfen, Schmerz anders zu bewerten.
Die Amygdala: Hi Amy!
Die Amygdala gehört zum Säugetiergehirn. Sie bewertet, was wir wahrnehmen und fügt passende Emotionen hinzu. Dadurch können wir angemessen auf eine Situation reagieren. Zu Amys wichtigsten Aufgaben gehört, gefährliche Situationen wahrzunehmen. Schlägt Amy Alarm, entsteht das Gefühl der Angst und es werden entsprechende Botenstoffe, wie Adrenalin, Dopamin oder Serotonin ausgeschüttet.
Hat eine Person chronische Schmerzen, gerät Amy oft aus dem Gleichgewicht. Sie kann nicht mehr richtig beurteilen, welche Situationen gefährlich sind. Sie löst Fehlalarme aus, die sich als Schmerzen äussern. Das führt wiederum dazu, dass die Person in Zukunft solchen vermeintlich «gefährlichen» Situationen aus dem Weg geht und sich immer mehr einschränkt.
Deshalb ist es wichtig, seine Ängste zu kennen und einen guten Umgang damit zu finden. Hier findest du mehr dazu.
Der Thalamus: Olà Thali
Der Thalamus gehört ebenfalls zum Säugetiergehirn. Er liegt an der Schwelle zu unserem Bewusstsein und ist für unsere Wahrnehmung zuständig. Er weiss, was uns gerade wichtig ist oder wofür wir uns im Moment interessieren.
Aus den tausenden von Sinneseindrücken leitet er dann nur die wichtigen Informationen an unser Bewusstsein weiter. So nehmen wir von ungefähr 275 000 Informationen, die auf unseren Köper einprasseln nur eine bewusst wahr. Das führt dazu, dass wir trotz Umgebungsgeräuschen konzentriert in einem Café arbeiten können, wir vor einem Autokauf nur noch Autos sehen oder bei unerfülltem Kinderwunsch die Strassen plötzlich voller glücklicher Familien und schwangeren Frauen sind.
Thali kann uns dabei helfen, direkt von unserem Bewusstsein auf Limbisch und Bodyguard einzuwirken. Hier ((Link Gehirntraining – Dankbarkeit)) findest du mehr Infos und konkrete Übungen dazu.
Der Neocortex: Namaste Sensei Neo!
Der Neocortex besteht aus Gross- und Kleinhirn. Neo ist für alles zuständig, das wir bewusst machen. In der linken Hirnhälfte geht es rational zu und her. Hier wird nachgedacht, Meinungen werden gebildet, es wird geplant und strukturiert. In der rechten Hirnhälfte regiert die Kreativität. Da wird geschrieben, gezeichnet, kreiert, getanzt und gemalt. Die beiden Hirnhälften sind mit einem Balken miteinander verbunden.
Entwickelt vor «erst» 200 000 Jahren, ist Neo das neuste Upgrade, das wir von der Evolution erhalten haben. Bodyguard und Limbisch haben sich noch nicht ganz an Neo gewöhnt und finden seine Entscheidungen manchmal ziemlich seltsam. Kein Wunder, sind doch Bodyguard mit 300 Millionen Jahre und Limbisch mit 100 Millionen Jahren regelrechte Urgrosseltern von Neo. Sie melden sich dann zum Beispiel als den berühmten inneren Schweinehund, der uns einredet, dass es eine ganz schlechte Idee ist, jetzt zum Sport zu gehen und dass das Sofa die bessere Wahl ist.
Die Nervenverbindungen von Limbisch und Bodyguard zu Neo sind besser ausgebaut als umgekehrt. Das heisst Limbisch und Bodyguard lassen sich von Neo nicht gerne reinreden, ihr Einfluss auf ihn ist jedoch ziemlich gross, wenn er nicht aufpasst.
Möchtest du selbst wieder im Zentrum deines Lebens stehen und den Schmerzen ihre Macht nehmen, ist Neo dein bester Verbündeter. Du musst jedoch lernen, ihn richtig zu nutzen, damit Ruhe im System einkehrt. Hier ((Link Werkzeuge Gehirntraining)) erfährst du mehr dazu, wie du Bodyguard und Limbisch ins Boot holen kannst.