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Alexander

Bechterew

«Ob ich einen Tipp habe?
Bewegen, Freude haben und locker bleiben.»

WELTWEIT

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Wie lange hast du schon chronische Schmerzen?

Seitdem ich 26 Jahre alt war, also seit 35 Jahren.


Was löste die Schmerzen bei dir aus?

Das kann ich nicht sagen. Man weiss bis heute nicht, was Bechterew auslöst. Ich habe damals viel Sport gemacht und hatte nie körperliche Probleme – abgesehen von gerissenen Aussen- und Innenbänder, aber dafür war das Volleyballspielen verantwortlich.


Wie kam es zur Diagnose?

Mit 26 hatte ich auf einmal beim Joggen immer nach sechs Kilometer Knieschmerzen. Deshalb musste ich mein Laufpensum reduzieren. Mit 29 ging ich dann zum ersten Mal wegen Rückenschmerzen zum Arzt. Er schickte mich in die Physiotherapie. Der Physiotherapeut vermutete, dass eine funktionale Verkürzung meines Beines für die Rückenschmerzen verantwortlich war. Doch die Behandlung war leider wirkungslos. Mit 31 Jahren wurde dann Bechterew diagnostiziert.


Was ist Bechterew?

Bechterew ist eine chronische rheumatische Erkrankung, bei der vor allem die Wirbelsäule betroffen ist. Dort gibt es immer wieder Entzündungen, die mit der Zeit zu Verknöcherungen führen können. Die Krankheit verläuft in Schüben und wird oft vererbt. Mein Vater hatte auch Bechterew.


Was löst bei dir einen Schub aus?

Das kann ich nicht genau sagen. Ich vermute aber, dass bei mir Temperaturwechsel dafür verantwortlich sind. Ich hatte oft Anfang Dezember und im Frühling einen Schub.


Ist Stress auch ein Faktor?

Nein, das glaube ich nicht. Ich habe einen sehr herausfordernden Beruf und stehe seit Jahren immer unter Druck. Bisher konnte ich aber keinen Zusammenhang zu den Schmerzen feststellen.


Wie zeigen sich deine Schmerzen?

Es sind kontinuierliche Schmerzen. Sie werden stärker, wenn ich mich lange nicht bewege. Am Morgen zum Beispiel spüre ich das Iliosakralgelenk und das Kreuz. Deshalb starte ich den Tag auch mit Dehnübungen. Ebenfalls ein Auslöser ist Bewegung in der gleichen Position. Wandere ich länger als vier Stunden, werden meine Rippen steif und ich werde zum Nussgipfel. Dann laufe ich vornübergebeugt und das ist nicht so angenehm.

Wenn ich einen Schub habe, sind die Schmerzen generell stärker. Meistens konnte ich dann trotzdem Sport machen und es ist dadurch wieder besser geworden. Die letzten beiden Schübe waren jedoch so stark, dass das nicht mehr ging. Ich hatte so starke Schmerzen, dass nicht einmal massieren möglich war. Ich erinnere mich, dass sogar die kleinste Berührung einen Krampf ausgelöst hat. Das war wirklich nicht lustig!


Hast du Einschränkungen aufgrund der Schmerzen?

Wenn ich einen Schub hatte, hatte ich schon Einschränkungen. Früher konnte ich meine Kinder nicht hochheben und ich musste lange aufs Laufen verzichten. Inzwischen habe ich keine Einschränkungen mehr, ausser dass ich nicht zu lange am Stück Sport machen kann. Ich gehe sogar wieder laufen – auch wenn ich mich auf eine halbe Stunde beschränken muss.


Gibt es Dinge, die du trotz Schmerzen machst?

Ja, ich mache drei bis vier Mal pro Woche Sport. Am Anfang tut das immer mehr weh, als wenn ich nicht aktiv bin. Aber nach dem Sport habe ich für zwei bis vier Stunden weniger Schmerzen. Ausserdem mache ich einfach gerne Sport und fordere mich gerne heraus.


Was stellt für dich die grösste Herausforderung dar?

Ich glaube, am schlimmsten war für mich die Zeit vor der Diagnose. Sobald ich wusste, was los ist, konnte ich besser mit den Schmerzen leben. Auch die Schübe haben mir dann keine Angst mehr gemacht und ich konnte gut mit ihnen umgehen – ausser mit den letzten beiden, die waren wirklich heftig.


Was hättest du gerne gewusst, als du die Diagnose frisch bekommen hast?

Damals gab es noch nicht so viele Informationen zu Bechterew wie heute. Ganz zentral ist für mich die Bewegung. Ich habe immer Sport gemacht, aber mit dem heutigen Wissen, wäre ich damit noch konsequenter gewesen.


Hast du konkrete Tipps?

  • Am Morgen habe ich immer Schmerzen. Deshalb starte ich mit Dehnübungen und einer warmen Dusche in den Tag.

  • Ich fahre schon immer mit dem ÖV zur Arbeit. So habe ich mich bereits bewegt, bevor ich am Morgen ins Büro komme.

  • Ein Stehpult wäre sicher auch eine gute Sache. Ich hatte immer zwei Arten von Stühlen, zwischen denen ich hin- und hergewechselt habe: einen bequemen zum Entspannen und einen aktiven, der mich in Bewegung gehalten hat.

  • Ich mache viel Sport. Dabei finde ich wichtig, dass man möglichst polysportiv unterwegs ist: Ich spiele Volleyball, gehe ins Fitness, Laufen, Klettern, Bouldern, Wandern und Velofahren. Die Trainingseinheiten sollten nicht zu lange dauern, dürfen aber intensiv sein.

  • Die Ernährung macht sicher auch etwas aus. Du musst nicht asketisch leben, aber natürlich und gesund. Ich habe festgestellt, dass ich Wein nicht so gut vertrage – was aber nicht heisst, dass ich mir nicht trotzdem ab und zu ein Glas gönne 😉.

  • Ausserdem finde ich es wichtig, sich bewusst zu machen, dass die Schmerzen nicht gefährlich sind. Sie sind mühsam, es tut weh, aber man kann trotzdem ein sehr lebenswertes Leben leben.


Gibt es Therapien oder Medikamente, die dir geholfen haben?

Ja, ich finde Physiotherapie sehr sinnvoll. Ich hatte über die Jahre einige Verordnungen und habe dadurch ein ganzes Arsenal an Übungen kennengelernt, mit denen ich meine Schmerzen lindern kann. Wichtig ist, dass man zu verschiedenen Therapeut*innen geht. So erhält man immer wieder neue Inputs.

Früher habe ich Schmerzmedikament genommen, wenn es gar nicht mehr ging. Nun spritze ich mir seit zwei Jahren einmal im Monat ein Immunsuppressiva. Seither hatte ich keinen Schub mehr und deutlich weniger Schmerzen!


Wie gehst du psychisch mit den Schmerzen um? Gibt es Gedanken oder Strategien, die dir helfen?

Da gibt es verschiedene Dinge:

  • Generell finde ich es wichtig, dass man sich bewegt, Freude hat und möglichst locker bleibt!

  • Mir hat zudem der Job sehr geholfen, da er mich herausfordert und wichtiger ist als die Schmerzen. Wenn ich da bin, bin ich mit den Gedanken zu hundert Prozent bei der Arbeit.

  • Wichtig ist auch, dass man Dinge in seinem Leben hat, die Spass machen, einen ablenken und guttun. Bei mir war und ist das die Familie, das Unterwegssein in den Bergen, die historischen Führungen, die ich mache oder das Theaterspielen. Ausserdem setze ich mich gerne in der Gemeinde ein und durfte schon verschiedene Präsidien und ehrenamtlichen Engagements annehmen.

  • Ausserdem habe ich eine ziemlich klare Einstellung zum Leben. Ich lebe nur in der Gegenwart und vergesse deshalb Schmerzen sehr schnell. Wenn ich an einer Sache nichts ändern kann, akzeptiere ich sie und nehme sie an. Dadurch kann ich locker und flexibel bleiben.

  • Es hilft sicher auch, dass ich mich gerne herausfordere. Schmerzen halten mich nicht davon ab, Dinge zu tun, die mir guttun. Ich lasse mich nicht von ihnen ausbremsen!


Was wünschst du dir für die Zukunft?

Ich wünsche mir gesund zu bleiben - trotz Bechterew. Freude, Zuversicht und natürlich möglichst wenig Troubles mit meiner Frau 😉.

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